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Wenn Lehrer an allem schuld sind

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In den letzten Wochen stelle ich besorgniserregende Veränderungen an mir fest. Erlebe ich vielleicht gerade meine zweite Pubertät? Bin ich bereits mit den Wechseljahren durch? Ich bin doch erst 42! Diese Umorientierung in meiner Persönlichkeit beängstigt mich und ich weiß nicht, mit wem ich darüber sprechen soll. Gut, dass es mein Bloghaus gibt und ich ganz allein für mich Ordnung in das Gefühlschaos bringen kann.

Nenne ich die Dinge beim Namen, auch wenn es verdammt schwerfällt. Ich bin zum anderen Ufer übergegangen. So, nun ist es raus. Ja, ich halte zu den Lehrern. Mich nerven überehrgeizige Eltern. Ich verstehe nicht, wieso erwachsene Menschen ein Riesen-Theater machen, bloß weil ein Haufen Achtklässler die letzte Spanisch-Arbeit verhauen hat. “Die Lehrerin ist schlecht!”, sagte eine Mutter zu mir in meiner Funktion als Elternvertreterin. “Na ja, eigentlich ist das eine von den Netten!”, antwortete ich ahnungslos. “Nett? Nett?”, äffte die Mutter mich nach. “Mit nett bekommt man keinen Studienplatz!” “Aber”, beruhigte ich die Dame am Telefon, “die Klassenarbeit wird doch jetzt sowieso wiederholt. Die Lehrerin hat sich ihren Teil sicherlich schon gedacht. Und die Kinder müssen auch mal schlechte Erfahrungen machen – das sind ja heute alles schon kleine Streber. Ich war nicht so fleißig in dem Alter.” “Ich auch nicht, aber die Zeiten haben sich geändert”, sagte die Frau.

Alles jammert über das G8 und ich auch! Ich finde es schlimm, wenn Kinder nicht mehr Kinder sein dürfen und sie durch die Jahrgänge gescheucht werden ohne die Chance, sich einfach mal hemmungslos dem Zettelchen-Schreiben zu widmen. Doch das ist nicht nur die Schuld der bösen Lehrer und des Systems – auch wir Eltern tragen unseren Teil dazu bei. Besonders jetzt sollten wir unsere Kinder darin bestärken, dass es ganz normal ist, auch einmal eine Arbeit in den Sand zu setzen. Statt eines befreienden Lachers drehen aber einige Eltern in allen denkbaren Bereichen durch.

Oh Gott, beim Tagesausflug wurden die Kunstskulpturen nicht bestaunt, sondern hemmungslos geshoppt! Na und? Was ist so schlimm daran, wenn die Kinder einen Tag im Schuljahr einfach mal nichts tun müssen? Mich haben bekloppte Aufsätze nach Ausflügen total genervt und ich freue mich, wenn meine Kinder so wenig hirnrissige Hausaufgaben wie möglich aufgebrummt bekommen. Haben manche Leute ihre eigene Kindheit vergessen? Und wieso fahren sie nicht selbst mit ihrer Familie am Wochenende zu den Kunstskulpturen? Müssen Lehrer wirklich alles ausbaden? Sind sie verantwortlich für nicht gemachte Hausaufgaben (“Wenn Sie keine Strafarbeiten aufgeben, kann ich nichts dafür, dass mein Sohn nie Hausaufgaben macht!”)?

Meine innere Zerrissenheit dürfte klar geworden sein. Die Fortsetzung der Lehrerflüsterin driftet ins Sozialpädagogische ab und ich bin völlig wehrlos, je mehr ich mit dem Thema Elternarbeit konfrontiert werde. Dabei mache ich das schon lange – doch ich habe den Eindruck, es wird immer schlimmer mit den elterlichen Erwartungen. Hoffentlich findet bald die nächste Gesamtkonferenz mit überdrehten Lehrern im Streit über die Reihenfolge der Tagesordnungspunkte statt. Dann wird bestimmt meine Ordnung wieder zurechtgerückt.



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